postheadericon Ösi-Dichter gingen unter

Das Land muss spielen lernen – seine Autoren können es bereits.

 

Schon 18 Länderspiele absolvierte das „Österreichische Autoren Fußball Team“ in den letzten Jahren. Nun ging es gegen die israelischen Kollegen. Der gelernte Schriftsetzer Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen & Autoren, hoffte heuer auf einen Lyriker im Tor der Israelis. Doch es war ein Prosa-Schreiber, und die Mannschaft der österreichischen Schriftsteller verliert prompt mit 6:1 gegen die Israelis. Größen wie Egyd Gstättner oder Martin Amanshauer bemühten sich umsonst. Letztes Jahr gegen Schottland waren es nur 3:1.

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Bei der Pressekonferenz zum Fussballspiel bezog sich der Schriftsteller Yonatan Barg auf den britischen Psychiater Donald Winnicott und dessen Spiel-Theorien: „Winicott sagte, dass man, um die Realität zu strecken, spielen müsse. Wir in Israel müssen mit so riesigen Elementen wie Religion und Geschichte spielen. Ich will, dass mein Land mit der Architektur, dem Territorium spielen lernt.“ Der fröhliche, rothaarige Yonatan Barg steht beim Fußballspiel wie ein Fels in der Brandung. Barg arbeitet selber als Therapeut an einer Schule in Tel Aviv. Momentan herrsche in Israel die „amerikanische Form der Demokratie vor: Geh’ raus und sei stark und überlebe. Mit dem Ergebnis, dass nur die Starken überleben“.

Clemens Berger las im Anschluss aus seiner fulminanten Toni-Polster-Persiflage über das Fussballspiel DDR gegen Österreich – eine Woche vor dem Mauerfall. Polster macht sich Vorwürfe, dass er einen Staat abgeschossen hätte: „Wäre ich nicht so gut gewesen, würde es die DDR noch geben“, denn: „Wer will in einem Staat leben, der gegen Österreich verliert?“. Amichai Shalev, der das Tatoo „You never walk alone“ auf dem Arm trägt (Drohung und Beschwörung zugleich), las über die Hitlerpuppen, die Kinder jedes Jahr für eine Art Voodoo-Ritual in israelischen Schulen basteln („Das Wichtigste ist der Blick!“, sagte die Lehrerin) und die in Freudenfeuern verbrannt werden. „Ich will Hitler nicht in meinem Wohnzimmer“, beschwert sich die Mutter und der Junge legt die Puppe in sein Bett, Kopf auf das Kissen. Als die Hitler-Puppe brennt, beschleicht ihn ein unbezwingbarer Drang sie aus dem Feuer zu holen, „denn es war ja meine Puppe“.

 

Karikatur: Dovi Keich

Ersterscheinung im Augustin, 1. 10. – 14. 10. 2014

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