postheadericon Schattenstreifen von Tigerpferden

Der wunderliche Tiergarten in Frankfurt am Main und seine Beschriftungen zur Kolonialzeit.

Am Goethehaus vorbei und quer durch die Fußgängerzone geschlendert, am gut besuchten Markt bei der Konstablerwache entlang, nach einem starken Kaffee beim Türken – draußen unter der Markise sitzend, kann man in den Frankfurter Zoo gehen. Der Tiergarten ist sehr grün, flach und verwinkelt – ein bißchen altmodisch und nicht so „aufgemaschelt“ wie in Wien Schönbrunn. Die Erklärungs-Tafeln sind wunderlich-wundervoll und manchmal beinahe literarisch gehalten. „Trampeltier. Die liebe Verwandschaft, ihr Familienname ist: Kamel!“ Dann gibt es noch Dromedar, Alpaca, Altewelt- und Neueweltkamele. Wussten Sie, warum ein Tigerpferd Streifen besitzt? „Tigerpferde erkennen sich gegenseitig an dem unverwechselbaren Muster – wie Kleidung. Einige Steppenzebras haben zwischen den schwarzen Streifen hellere, teils braune Schattenstreifen.“

Ein Junge singt den Zebras etwas vor, „Zebra, Zebra“, trällert er. Der Junge macht sich Sorgen, dass Wespen die Giraffen in den Hals stechen könnten, einfach, weil sie aus Versehen dagegen fliegen. Die Giraffen haben Basketball-Körbe mit Heu drin. „Die Jungen stürzen aus zwei Meter Höhe in das Leben“, steht an der Wand. Es folgt eine Liste der Giraffenbabies, die alle von ihrem Vater Hatari abstammen. 17 Stück! Forschungsprojekte stehen an der Wand: „Beingesundheit bei Giraffen“, heißt eines (Ergebnis: Der Boden darf nicht zu weich sein), „Optimierung der Klippspringerzucht“ ein anderes, oder „Verhaltensanreicherungen bei Mähnenwölfen, die in ihrem Bestand gefährdet sind“. Im Giraffenhaus hüpfen die Spatzen am Boden herum. Monique heißt eine Giraffe, geboren am 28. 1. 1994 in Amsterdam. Shjaa wurde am 20. 11. 2013 im Zoo Köln geboren. Hatari am 16. 2. 1999 im Zoo Kopenhagen. Ob die auch Geburtstag feiern?

Verschriftlichung der Kolonialgeschichte

Der erste Zoodirektor, der berühmte Paul Grzimek, verhandelte schwierig mit den belgischen Kolonialherren im Kongo und brachte in einem einzigen Flugzeug 40 Tiere nach Frankfurt. Darunter 1954 „das Männchen Epulin, das erste Okapi, das lebend nach Deutschland kam“, wobei diese Waldgiraffe sowieso erst 1901 entdeckt wurde, oder der afrikanische Elefant Dima. „Eine Sensation für Frankfurt und seine Bürger.“ Zwanzig Stunden war die gecharterte Maschine unterwegs.

Neben den Infos hängt ein Foto aus 1974: Professor Grzimek mit Kiwu, dem ersten in Deutschland geborenen Okapi. Beide schauen treuherzig in die Kamera. Schönbrunn könnte sich hier wirklich einiges von der Verschriftlichung abschauen. Beim Laufvogel Helmkasuar brüten zum Beispiel nur die Männchen! „Lebensweise: Einzelgänger“, was Frauen zu Lachstürmen hinreißt. Jaja, wenn ein armes Männchen schon einmal brüten muss! Ein Gelbrückenducker und ein Riesenducker im Dickicht. „Die Vorderbeine sind kürzer als die Hinterbeine, daher immer geduckt.“ Es gibt Holzkästen mit Gucklöchern, alte Transport-Container, alles schön wild und halb verfallen. Die Smartphone-Kids sind erstaunt.

Im Affenhaus steht mit einem Spiegel dabei: „Das Erbgut der Bonobes stimmt zu 98,4 Prozent mit dem Menschen überein.“ Kohlrabi essen die! Und groß drüber: „Ohne Ehrfurcht vor dem Leben hat der Mensch keine Zukunft“. Weitere Höhepunkte: das Restaurant am Ende des Tiergartens mit seinem Kakteengarten und die Skulptur „Bird Spirit“, die unten ein Gesicht und oben einen Pinguin zeigt.

Fotos aus den 50er und 60er Jahren: Paul Kellermann

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