postheadericon gelatin: Kaputt machen! Auf Holzwagerl surfen!

Ausstellung von gelatin im 21er Haus

Foto: Geri Ecker

Foto: Geri Ecker

Der tapfere Pianist beugt sich über das Klavier und produziert über Stunden Töne, die zerbrechlich und fein im Raum stehen. Ein Finne. Vor und oberhalb von ihm ein Riesen Styroporberg, auf dem in schwindliger Höhe die gelatin-Künstler_innen thronen, Löcher bohren und mit Styroporteilen um sich schmeißen. Während der Fluxus-Künstler Wolf Vostell aber in seinen Aktionen Fernsehgeräte und Mercedesse einbetonierte, mit klarem, gesellschaftlichen Statement, entzieht sich die Ausstellung „Loch“ der Künstlergruppe gelatin mit der simplen Berg-Metapher einem zeitgenössischen gesellschaftspolitischen Kontext. Doch das Aufbrechen des Museums, wie es VALIE EXPORT im 20er Haus praktizierte – sie schnitt einen Spalt in die Glaswand und setzte einen Steg in die Luft -, und das Ad-absurdum-Führen musealer Gegenstände durch eine Unmenge an ähnlichen Gips-Skulpturen mit Holzleisten drin und die Möglichkeit fleißig selber zu bauen, lösen sehr wohl die Grenzen zwischen Werk und Betrachterumfeld auf.

Foto eSeL.at

Foto eSeL.at

Das Publikum arbeitet intensiv künstlerisch mit, in ständiger Verschränkung zwischen Fiktivem und Realen. Das erzeugt Raum. Draußen im Hof scheint die Sonne nach drei Tagen Regen. Wir reden über den Film „Waterworld“. „In der Postapokalypse geht es um eine Postgesellschaft, die sich spontan und primitiv wieder neu bilden muss“, sagt die Künstlerin Zahra Shahabi. „Einzelgänger, die nur für sich sorgen, werden einer nach dem anderen entsorgt, weil sie sich schwer wehren können.“

Drei Künstler hacken gemeinsam eine Skulptur klein, die ein Anderer feierlich mit Seil vom Berg Moses herunter gehievt hat. „Kaputt machen!“ ruft ein Junge, der auf einem Holzwagerl herumsurft. Ein Mädchen rutscht – platsch! – in der Wasserrinne aus und kriegt ein trockenes Augustin-Leiberl. Kein Wunder, dass Kinder diese Art von Kunst-Aktionismus lieben, denn die Regeln des Zusammenlebens bleiben hier vorläufig und unvollkommen. Und gestaltbar.

 

www.21erhaus.at

bis 29. September 2013

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